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Die Nacht ist unruhig und schon sehr früh geht ein Wecker, keine fünf Minuten später wieder einer... Irgendwann greife ich meine Sachen, ab unter die Dusche und frühstücken. Mein Kaffee weckt bei Mike, der Holländerin, Aufmerksamkeit. Gestern ist mir als Plan durch den Kopf gegangen, nächste Woche den Camino Francés ein Stück zurückzugehen. Das erscheint mir attraktiver als der Weg nach Fisterra. Mal sehen, was mein Gefühl in Santiago sagt, es sind noch drei Tage bis dorthin. Hier in der Herberge hängt ein Zettel, dass die Herberge in Caldas de Reis geschlossen ist. Das war eigentlich für mich das Ziel für heute, die nächste Herberge ist 18 Kilometer weiter, also wieder eine kurze Etappe und ich werde nur bis Briallos gehen.

Zunächst geht's noch durch die Stadt, interessant die Wegweiser, kleine in den Granitgehsteig eingelassene Lampen. Zwei Kirchen sind offen, in einer wird eine Messe gehalten, ich setze mich dazu. Der Weg durch die Vorstadt hinaus ist etwas langweilig, aber das kenne ich ja schon. Dann ein sehr schöner Weg, ein Naturschutzgebiet zur Linken. Abenteuer ist auch angesagt, denn der Weg ist oft überschwemmt. Aber ich kann immer auf einer Wiese nebenan vorankommen. Ein winziges Dorf, eine kleine Bar, ein riesiger Fernseher. Kurz aus dem Regen heraus, Kaffee und Orangensaft - die Lebensgeister sind wieder geweckt. Weder Uhrzeit noch Ortsnamen interessieren mich, das Vertrauen, dass alles gut ist und gut bleibt, ist wieder da und es ist ein schönes Gefühl.

Bei der Herberge angekommen, stellt sich heraus, dass diese auch geschlossen ist. Ich halte ein Auto an, Mike und Raphael, der Spanier, sind inzwischen auch angekommen und haben die gleiche Info. Die beiden Spanier in dem Auto rufen die Telefonnummer aus meinem Führer an und verkünden, dass es eine Notherberge in Portas gebe. Wir laufen weiter, Mike und Raphael sind schneller. Ich habe in Briallos schon für Abendessen und Frühstück eingekauft, die Tüte mit Saft, Wein – ja, auch Brot, Käse und Früchte - macht mich zusätzlich langsam. Wir verabschieden uns und ich trödle unschlüssig weiter. Pension in Caldas de Reis oder Notherberge in Portas - ein typisches Pilgerproblem, das in Ruhe durchdacht werden möchte, denn die Entscheidung ist ja sowieso egal, so oder so, es wird gut.

Langsam wird es dunkel. Ein Jeep mit eingeschaltetem Blaulicht hält hinter mir auf dem Feldweg. Selbstverständlich gehe ich mein Sündenregister einmal rauf und runter - Verbrechen in Spanien fallen mir ad hoc nicht ein. In englisch-spanischem Kauderwelsch macht der Herr vom Zivilschutz mir klar, dass er mich zur Notherberge fahren will, Mike und Raphael sammeln wir auch noch auf. Wir landen in einer Turnhalle und verteilen uns auf die Umkleideräume „Heim" und „Gast" - Abenteuer! Ich hatte ja im letzten Ort schon eingekauft, habe aber keine Lust, in der Turnhalle eine Dinnerparty zu veranstalten, und so werde ich morgen deutlich schwerer starten. Auf dem Camino Francés im Sommer wäre es kaum aufgefallen, hier aber auf dem relativ leeren Caminho Português überlege ich schon, wo der eine oder die andere geblieben sein mag. In der Bar lerne ich ein spanisches Brettspiel, das unserem „Mensch ärgere Dich nicht" ähnelt. Zu essen gibt es nur Bocadillos, die sind aber riesig und sehr gut. Dann kehren wir wieder in „unsere" Turnhalle zurück. Dort wird trainiert. Keiner schimpft, dass wir beide Umkleideräume belegt haben. Die Matratze ist ungewohnt hart und so wache ich in regelmäßigen Abständen auf. Das letzte Mal habe ich vor vielen Jahren in München auf dem Kirchentag in einer Turnhalle geschlafen. Ich kam direkt aus Japan und der Jetlag, kombiniert mit der ungewohnten Umgebung, war schon suboptimal für mich. Trotzdem eine schöne Erinnerung. Wir verabreden, morgen früh um 8:00 Uhr aufzustehen.

Notquartier in der Turnahalle von Portas auf der Etappe Pontevedra → Portas

Notquartier in der Turnahalle von Portas auf der Etappe Pontevedra → Portas

Hier der Start- und Endpunkt der Etappe am 15. Januar von Pontevedra, Albergue de Peregrinos de Pontevedra nach Portas, Polideportivo

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