Wir sind alle drei fast gleichzeitig fertig, alles in schöner Ruhe. Los geht es bis zur nächsten Bar, wo wir den Schlüssel abgeben sollen. Einen Kaffee zum Abschied, dann schlendere ich langsam los. Die beiden überholen mich schon bald. In Caldas de Reis mache ich einen Schwenk nach rechts zur ersten Bar und dem zweiten Kaffee an diesem Morgen. Ein junger Pilger kommt herein, spricht mich an, schnell einigen wir uns auf Deutsch, es ist Sebastian. Also noch einen Kaffee und einen Austausch über die Wasserfluten in den letzten Tagen und den Ärger über die letzte geschlossene Herberge. Er hat hier übernachtet. Mike hat er auch getroffen. Er ist am 8.1. in Porto los und den Küstenweg gegangen. Ein Stück gehen wir gemeinsam, dann findet jeder wieder sein Tempo. Am Weg wird an vielen Stellen gearbeitet und so ist er immer gut passierbar. Im nächsten Ort, in der nächsten Bar treffe ich Sebastian wieder, er ist gerade im Aufbruch. Ein bisschen Blödeleien, eine Menge Lachen, dann ist er fort und ich trinke auch langsam meinen Orangensaft aus. Zehn Minuten Pause tun immer gut. Eine große, alte Uhr an der Wand mahnt mich zum baldigen Aufbruch.
Ist es die Nähe zu Santiago oder eine Nebenbemerkung von Sebastian? Beim Weitergehen sind wieder Gedanken über Gott und die Kirche im Vordergrund. Dann kommt ein schöner Rastplatz, es ist einen Moment trocken von oben, also genieße ich mein Picknick und habe den Kopf wieder frei. Jetzt taucht der Gedanke auf, heute gleich bis Santiago durch zu gehen. Na, mal sehen, bei der nächsten Herberge werde ich entscheiden. Es wird mir einfach gemacht: Im Ort geht's zur Herberge nach links und der Camino läuft rechts weiter, also hier keinen Stopp, zehn Kilometer weiter in Teo gibt es noch eine Herberge und es ist jetzt erst 16:15 Uhr. Ob die Herberge geöffnet haben wird, o.k., das sehe ich dann so zwischen 19:00 Uhr und 19:30 Uhr. Wenn nicht, sind es von Teo noch zwölf Kilometer bis Santiago - da wäre ich dann glatt eine Stunde vor Mitternacht.
In der nächsten Bar trinke ich einen Kaffee zur Stärkung, einen Stempel haben die hier nicht, na, mal sehen, ob man mir im Pilgerbüro in Santiago glaubt, dass ich gelaufen bin. An den Fenstern eines Jugendzentrums wird in vielen Sprachen den vorbeigehenden Pilgern eine gute Reise gewünscht. Ein Hund schaut friedlich über eine Gartenmauer.
Es ist wirklich auf diesem Camino vieles anders. Beim letzten habe ich das Ankommen herausgezögert und jetzt mache ich auf den letzten Kilometern Endspurt. Der Wunsch, ein Stück Francés zurückzupilgern, zieht, nicht nur Santiago selber. Links vom Weg ab, laut Schild in fünfzig Metern, taucht eine Bar auf, ein Stempel fehlt noch, das ist der alleinige Grund für den Zwischenstopp und dort lässt sich auch die Regenhose einfacher ausziehen und verstauen. Ich bin erstaunt, wie viel Ruhe ich trotz des Dranges anzukommen habe. Es ist jetzt kurz nach 18:00 Uhr und Teo ist noch sechs Kilometer entfernt. Mal sehen, ob die offen haben, Spannung, ja, aber eine schöne! Ich brauche mit der Auflösung der Frage, ob die Herberge in Teo offen ist, nicht bis dort zu warten. Sebastian kommt um die Ecke, er hat sich bei der letzten Herberge erkundigt und auch eine Nachricht für mich dort hinterlassen. Das war also das Gefühl, den kleinen Schlenker bis dorthin zu gehen, nicht der Stempel, der mir nun fehlt. Wir kommen an einer geöffneten Kirche vorbei, in der ein Gottesdienst stattfindet. Wir verweilen bis zum Abendmahl. Dann geht's im Dunkeln weiter zur Herberge.
Andrea, Magda, Raphael und Mike sind auch schon hier. Zu dritt haben wir dann ein Abschiedsessen in einem noblen Restaurant, die anderen speisen in der Herberge.