Zunächst das Wichtigste des Tages, das Wetter: leichter Regen um 6:45 Uhr. In meinem Zimmer liegen Langschläfer, ich schleiche mich hinaus und gehe erst im nächsten Restaurant frühstücken. Der Gedanke, doch zuerst nach Fisterra zu laufen, kommt wieder hoch. Alles beim Geplanten zu lassen, ist das Ergebnis meiner Überlegungen. Ein frisch gepresster Orangensaft weckt erst einmal meine Lebensgeister. Dann verabschiede ich mich von Marianna zum zweiten Mal für immer auf diesem Camino. Das Packen geht heute schleppend. Ein anderer Pilger zeigt mir auf seinem iPhone den Wetterbericht. Der stimmt mit dem Blick aus dem Fenster überein. Erst kurz nach acht komme ich los.
Der Weg ist schön, der Ginster blüht gelb, das Heidekraut dunkelrot. Schon nach einer Stunde taucht eine Bar auf. Der Versuchung eines Café con leche kann ich nicht widerstehen. Wieder sehe ich die anderen Pilger vorüberziehen. Heute nehmen sie mir nicht mein Bett weg, denn ich bin zum ursprünglichen Entschluss zurückgekehrt, erst nach Muxía zu gehen. Auch die nächste Bar um Viertel vor zehn lasse ich nicht aus. Das Wetter ist wirklich trübe. Mein Tacho mahnt, dass ich erst sechs Kilometer vorzuweisen habe. Doch der Tag ist ja noch jung. Die Leute in diesem Café sind sehr geschäftstüchtig. Jeder Pilger wird darauf hingewiesen, dass es 15 Kilometer bis zur nächsten Bar sind. Obst und Bocadillos werden angepriesen. Als ich erkläre, dass ich nach Muxía gehe, verzichtet man auf weitere Akquise. Ich schließe daraus, dass es bald wieder einen Café con leche für mich geben wird. Bei Kilometerstein 10,9 ist es dann auch soweit. Die weitere Strecke ist schön und kaum ein Pilger ist hier unterwegs. Es hat sogar aufgehört zu regnen. Dafür schimpft mein Magen. Also gibt es in der nächsten Bar eine Cola. Mal sehen, ob das Gerücht stimmt, dass die bei solchen Problemen hilft. Es sollen jetzt bis Muxía noch ungefähr 16 Kilometer sein. Die werde ich in aller Ruhe gehen und meinem Magen Zeit geben, sich zu erholen. Die hat er auf einem schönen Waldweg auch. Als ich den Meilenstein 11,9 passiere, taucht ein Ort auf und eine orangefarbene Markise verheißt eine weitere Pause. Meinen Magen belaste ich mit Pinchos und einer weiteren Cola. Es ist jetzt kurz nach zwei, bei meinem heutigen Schneckentempo werde ich also erst gegen 18:00 Uhr in Muxía sein.
Doch da habe ich mich verrechnet. Um 16:30 Uhr stehe ich an der Rezeption der Herberge. Hier erhalte ich die Muxía, meine zweite Pilgerurkunde auf diesem Camino. Das Pflichtprogramm fällt größer aus, denn gestern war ich zu faul zum Waschen. Während ich meine Tee koche, kommt noch eine weitere Pilgerin in die Küche. Nach einer Viertelstunde kenne ich einige ihrer Krankengeschichten. Ich ziehe mich höflich zurück und mache mich auf in den Ort.
Ich habe gehört, dass es um 19:00 Uhr in der Kirche Le Sanctuaire de Nosa Señora da Barca eine Messe geben soll. Die hat mir letztes Jahr zu Ostern sehr gut gefallen. Ich bin auf eine Neuauflage dieses Jahr gespannt. Für den Weg nach Fisterra morgen habe ich vom Hospitalero einen Plan bekommen, es kann also wieder einmal nichts schiefgehen. Doch erst einmal schlendere ich die Strandpromenade entlang zur Kirche. Während der Messe lasse ich die Gedanken schweifen. Mein Spanisch ist immer noch zu schlecht, um den Worten zu folgen. Lust, Fotos zu machen, habe ich nicht, das Wetter ist zu trüb. Auf dem Rückweg finde ich eine Panaderia, die auch am Sonntag geöffnet hat und decke mich für das Abendessen und das Frühstück morgen mit trockenen Keksen ein. Obwohl es noch recht früh ist, mache ich mich bald bettfein. Der Tacho bleibt bei 48.918 Schritten stehen. Mein Magen ist immer noch nicht in Ordnung. Wenn das morgen so bleibt, lege ich einen Zwischenstopp in Lires ein.