Es ging um 5:30 Uhr los, das Tütenrascheln, also kann ich langsam bis 6:00 Uhr wach werden, dann geht das Licht an. Vorteil, ich komme früh los. Ich bekomme in der Herberge ein Stück Brot und einen Tee – Luxus. Frühstück gibt es erst zwei Kilometer weiter in einer Bar. Ich treffe Emmanuelle, sie will bis Larrasoaña, genau dorthin will mich mein Führer auch haben. Auf dem Weg lerne ich Lucia kennen, schätze sie auf 22. Sie ist gerade nach Wedding (Berlin) gezogen und so lasse ich mir von der Stadt vorschwärmen, in der ich aufgewachsen bin. Beim Kaffee in der Bar schlagen Siggi und Renate auch wieder auf. Ich habe meinen ersten Kaffee bei der Dame aus aus der Nähe um San Francisco, mit der ich am Vortag ein paar Takte auf der Terrasse des Restaurants gewechselt habe, den zweiten trinke ich dann mit Siggi und Anhang. Zusammen mit Manuela und Lucia breche ich auf. Es geht den ganzen Tag bergauf und bergab, Tendenz bergab. Als ich in Zubiri um die Ecke biege, laufe ich Emmanuelle vor die Füße, frage nach dem Weiterweg. Mir fällt dann die Amerikanerin vor die Füße mit der gleichen Frage und ich antworte nur: „Immer dem roten Rucksack hinterher!" Manuela und ich haben Orangensaft, Kaffee und Wasser. In der nächsten Bar fallen wir uns um den Hals und verabschieden uns. Sie will hier in Zubiri bleiben und dann auch länger in Pamplona. Wir werden uns also nicht mehr sehen. Lucia ist noch nicht in Sicht. Ich irre durch den Ort, um einen Laden zu finden, alle haben Mittagspause bis 16:00 Uhr. In Larrasoaña soll es laut Führer kein Geschäft geben, falsch, wie ich in ein paar Stunden wissen werde. Vorteil des Herumirrens: Zwischenzeitlich läuft Lucia ein und ich kann mich auch von ihr gebührend verabschieden. Dann darf ich mich durch ein riesiges ödes Industriegebiet kämpfen. Sieht nach Schotterwerk und Klärschlammkippe aus und riecht auch so. Zwei flotte Spanier überholen mich, kommen wieder zurück – das sei nicht der Weg nach Larrasoaña. Im Camino-üblichen Sprachmischmasch, denn es sind zwei weitere Pilger aufgeschlossen, sind wir drei der Meinung, alles ist richtig, alles ist gut. Die zwei Spanier eilen zurück. Auf der Brücke nach Larrasoaña holen sie mich wieder ein. Jeder geht seinen Camino. Auf der Suche nach dem Lädchen, der Hospitalero hat mir den Weg auf Englisch erklärt, irre ich herum und werde auf Englisch angesprochen. Wir einigen uns bald darauf, dass wir alle drei Pilger sind und alle das Lädchen suchen. Die beiden kommen aus Ungarn, er spricht deutsch, sie nicht, dafür bekommt sie über den Zaun noch einmal eine weitere Wegbeschreibung. Die ist auch nötig, denn nur ein Schild mit Eisreklame am Zaun lässt ahnen, dass man hier in einer Nebenstraße vor dem Supermarkt von Larrasoaña steht. Ein Pilgermenü für 10 Euro kann man hier auch haben, das klingt aber sehr nach Gefriertruhe. Also kaufe ich Brot, Käse, Wasser und Wein (im Karton, Flaschen gibt es nicht). Auf der Bank vor der Albergue mache ich es mir mit Emmanuelle gemütlich, sie holt noch Norman, Kanada, und Ingo, Leipzig, dazu. Emmanuelles gestenreiche Vorstellung von unserer ersten Begegnung auf dem Bahnhof von Bayonne, vor allem der beiden Super-Pilgerinnen, ist genial, wir biegen uns vor Lachen.