Wieder steht eine Etappe mit etwas über 30 Kilometern an, kleine Auf- und Abstiege wechseln sich ab. Dann ein langer Anstieg zum Golfplatz von Cirueña. Hier entscheiden wir uns für den Weg nach rechts, denn da ist endlich mal wieder eine Bar, Bars sind heute dünn gesät. Es ist heiß. Müde kommen wir in der kleinen Bar an. Es sind nur noch 1 1/4 Stunden bis nach Santo Domingo und so genehmigen wir uns einen ersten Weißwein. In Santo Domingo angekommen, stellen wir fest, dass die erste Herberge auf dem Weg voll ist, wir suchen erst gar nicht nach einer anderen, sondern wählen wieder ein Hotel.
Dann auf zur Kirche. Die Hähne haben bei mir nicht gekräht, also werde ich der Legende nach nicht in Santiago ankommen. Ansonsten ist viel Touristenrummel hier. Wir finden ein nettes Restaurant, in dem Michelle endlich mal wieder Pizza bekommt und ich meinen Vitaminhaushalt mit einem riesigen Salat in Ordnung bringe. Ungefragt bekomme ich zwei Stücke Pizza rübergeschoben, eine schöne Vertrautheit, die sich zwischen uns eingestellt hat. Trotzdem sind wir uns einig, dass ab morgen jeder allein für sich weitergehen wird. Auch wie diese Entscheidung entsteht, zeigt unseren Einklang, es ist ausgesprochen, wird nicht diskutiert und es ist für jeden von uns beiden das Beste. Das Leben auf dem Camino ist so einfach. Michelle und ich hatten wirklich eine tolle Zeit zusammen, darüber sind wir uns auch im E-Mail-Verkehr einig, nachdem wir beide wieder zu Hause sind. Obwohl wir unsere Handy-Nummern gegenseitig hatten, haben wir uns in stillem Einvernehmen unterwegs keine SMS geschickt. Jeder soll ab hier seinen Camino gehen, wir haben uns gegenseitig mit unseren unterschiedlichen Stärken auf dem Camino geholfen.
Hier in Santo Domingo sehe ich auch Andrea mit ihrem Vater das letzte Mal auf diesem Camino. Das Rätsel Vater oder ... ist gestern in Ventosa aufgelöst worden.