Heute steht die Entscheidung an, welche Wegvariante ich gehe. Ich nehme die Variante über Bercianos del Real Camino, denn da kann man die Etappe in El Burgo Ranero teilen, und ich bin weit vor meinem Plan, sollte also kleine Etappen machen. An der Straßenecke, an der die Wege sich teilen, treffe ich dann Jürgen, Gisa und Lijgien. Sie gehen rechts rüber den anderen Weg. Da ich nur 18 Kilometer heute vor mir habe, trödle ich. Ich treffe Liz und wir unterhalten uns gut, tauschen unsere Lebensgeschichten aus. Liz ist in Burgos gestartet. Liz verschwindet kurz und Martin aus Österreich schließt auf. Wir haben in der letzten Herberge schon ein paar Worte gewechselt, heute ist der Tag der Lebensgeschichten. Ich habe heute die innere Ruhe, seine zu verkraften und auch meine Lebenskurzgeschichte zu erzählen. Es mag der Effekt der Landschaft sein, durch die wir gekommen sind und in der wir heute noch weiterwandern. Es steht ja in vielen Büchern, dass, wer es auf dem Camino Francés eilig hat, die Etappen von Burgos bis León auch gut und gerne per Bus machen kann. Ich möchte die Erfahrung, durch die Meseta gelaufen zu sein, nicht missen, auch wenn es manchmal mental schwer ist, auch wenn man das Wasser aus den öffentlichen Brunnen hier nicht trinken soll.
Martin ist heute schneller als ich, dafür schließt Liz wieder auf und wir kommen gemeinsam in El Burgo Ranero an. Eine kleine, aber sehr schöne Herberge erwartet uns, ein wirklich reizendes Ehepaar, das die Herberge offensichtlich ehrenamtlich führt. Eine kurze Etappe bedeutet, schon kurz nach Mittag am Zielort zu sein und den ganzen Nachmittag abzuhängen. Der Ort ist klein, trotzdem Turnschuhe an und ein Rundgang durchs Dorf. Die alten Dorfbewohner sitzen auf Bänken im Schatten und beobachten das Treiben, selbstverständlich die Frauen und die Männer getrennt, jeder auf seiner Bank. Ich ziehe mich wieder in die Kirche des Örtchens zurück, finde Ruhe und schreibe in mein Büchlein.
Beim nächsten Orangensaft lerne ich ein Pärchen kennen, das nicht in Herbergen übernachtet, sondern von Hostal zu Hostal zieht. Auch wenn die beiden ihre Rucksäcke so wie ich selber tragen, ist es doch eine andere Welt, das Quartier immer drei Tage vorausgebucht zu haben, immer mit dem Partner Tempo und Länge der Tagesetappe abzustimmen. Über diesem Gespräch verpasse ich nicht nur den Sonnenuntergang, von dem mir Martina später wunderbare Fotos zeigt, sondern auch das selbst gekochte Abendessen von Ulla aus Dänemark. Nun, man kann nicht alles haben und so wie es war, ist es gut für mich.