Heute Morgen habe ich von Ulla auf dem Weg erfahren, dass meine Herbergsentscheidung doch die richtige war. In der anderen Herberge waren Bettwanzen. Martina und Liz sind nachts um drei los. Ulla und Lijgien haben auf dem Flur geschlafen. Ich treffe Gisa im nächsten Ort, wir wissen beide nicht, wie weit wir heute gehen wollen. Mir entgegen kommt das eine französische Ehepaar, Camino rückwärts. Ein paar Worte – eine andere Welt des Caminos. Auf einer schönen Terrasse vor einem Hotel mit Blick auf die längste Brücke Spaniens sitzen Liz und Martina. Ich zwänge mich ins Getümmel, bekomme die Geschichte der Nachtwanderung aus erster Hand und es fängt auch bei mir unwillkürlich an zu jucken. Deshalb reiße ich aus, laufe bald wieder alleine los. Was mache ich, wenn mich die Tierchen erwischen? Direkt nach Hause? Ich habe das Problem derzeit nicht, also brauche ich es auch nicht zu lösen. Gott sei Dank.
Kurz vor Astorga fühle ich, dass der Versuch, einen Ruhetag einzulegen, dran ist. Nach meiner Planung hätte ich schon ein paar wanderfreie Tage haben sollen, aber bisher war ich so schön im Rhythmus, dass es einfacher war, jeden Tag weiterzugehen. Die 34 Kilometer merke ich dann doch und bin zufrieden, mich im ersten Haus am Platze direkt neben der Kathedrale einmieten zu können. Keinen Augenblick zu spät bin ich angekommen, denn Ingo, der direkt nach mir am Empfang steht, bekommt erst mal einen Schlüssel, um zu beurteilen, ob er das Zimmer auch wirklich will. Er hat für fünf Euro weniger als ich die Besenkammer erwischt, die wohl jedes Hotel hat. Zufälliges Sammeln ist erst um 19:00 Uhr, dann um 20:00 Uhr auf der Plaza vor dem Hotel. Manni und Lijgien gehören auch heute wieder zur Runde. Ineke ist auch aus Amsterdam wie Lijgien. Bei der in die Runde geworfenen Frage, in welcher Herberge jeder übernachtet, zeige ich nur mit dem Daumen über die Schulter. Ineke bricht fast zusammen: „Wann hast Du gebucht? Meine Freunde haben mir gesagt, wenn Du in Astorga bist, musst Du im „Gaudi" übernachten. Als ich vor drei Tagen angerufen habe, war alles voll." „Gebucht habe ich gar nicht, ich stand einfach um 15:00 Uhr heute Nachmittag mit meinem Rucksack auf dem Rücken vor dem Empfang". Und ich gestehe, mich zu freuen, dass meine Strategie des Spontanen, des Nicht-Planens, des Nicht-Buchens so prima geklappt hat. Ineke hat versucht, in Herbergen zu übernachten, aber ihre Gesundheit fordert mehr Ruhe ein, und so übernachtet sie immer in Hostals. Ich kann das gut nachvollziehen, denn manchmal brauche ich auch meine Ruhe, um bei Kräften zu bleiben.
Das Pilgermenü im Hotel ist sehr gut, sehr zuvorkommende Bedienung und neues Besteck zu jedem Gang. Neben mir am Tisch sitzt Elke, für sie ist es nicht die Frage, warum sie den Camino macht, sondern warum sie ihn dieses Jahr macht. Ich habe Hochachtung vor der Leistung, die Elke vollbringt.
Wer in der Herberge wohnt, die dem gleichen Besitzer wie das Hotel gehört, bekommt das Menü für 11 Euro. Ich darf als Hotelgast 20 Euro bezahlen, aber auch das war es wert.