Diese Internetseite verwendet Cookies. Mit der weiteren Nutzung unserer Seite stimmen Sie dem zu. Details finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen.

Wer mit Manni in einem Zimmer schläft, kann die Batterien für den Wecker schonen, man wird pünktlich um 5:00 Uhr geweckt. So auch heute Morgen. Wir beide haben auch noch den „Erster-Weltkrieg"-Franzosen im Zimmer, Manni hat noch etwas Wut im Leib und macht, platsch, den Deckenstrahler an. Wir sind aber nach ein paar Minuten raus aus dem Zimmer, das war sicher weniger störend, als eine halbe Stunde lang mit den Tüten im Dunkeln zu rascheln. Ich habe mich bewusst von meiner Bauchgeldtasche verabschiedet, denn der Brustbeutel allein ist ausreichend für mich. Un­bewusst – und das fällt mir erst später auf – habe ich auch mein Sitzkissen aus dem Schwarzwald dort gelassen. Den Rest des Weges muss also eine mehr­fache Lage Plastiktüten als Notbehelf ausreichen, auf kalten, feuchten Steinbänken nicht immer ein Vergnügen. Ob man in Spanien Sitzkissen kaufen kann? Ich ergründe dieses Thema nicht.

Mit dem Weg haben wir kein Problem im Finstern, denn es geht einfach immer an der Straße lang. So früh fährt auch kaum ein Lkw. Das Ortsschild von Belorado erscheint dann kurz nach 7:00 Uhr in der Dämmerung. Wir treffen irgendwann Jürgen, den Jürgen, den ich in Orisson kennen gelernt habe. Er ist mit einem Zelt unterwegs, mal zeltet er, mal geht er in Herbergen, mal ins Hotel. Wir machen Mittagspause auf der Bank vor einem Supermarkt, direkt an der Straße. Die Lastwagen rasen vorbei, uns macht das heute alles nichts aus. Manni bleibt bei einer Koreanerin, die er kennt und der es schlecht geht. Er bringt sie per Bus nach Burgos. Er will wieder per Bus zurückkommen. Wir machen uns auf, eine mehr als dreistündige Etappe über den „Hügel" steht an. Da nehme ich mal lieber drei Liter Wasser mit. Das Thema „Trennung" liegt bei mir noch offen und auch bei Jürgen ist das ein Thema. Es trifft sich wieder einmal Camino-typisch gut, man spricht halt das an, was einen bewegt, und oft passt das, wenn nicht, behält man es halt für sich. So haben wir genug Gesprächsstoff über San Juan de Ortega hinaus bis hinein nach Ages, wo es eine gute private Herberge gibt. Jürgen hat den Führer von Outdoor, in dem die Herbergen besser beschrieben sind, und er ist auch, schon vom Beruf her, in Sachen Reisen besser organisiert als ich, der alles „auf den blauen Dunst" geschehen lässt.

In Agés angekommen, stelle ich fest, dass ich 1,5 Liter Wasser zu viel mit mir rum­geschleppt habe. Dann geht es gleich ab zur Kirche, die sogar offen ist. Ich bin wohl mal zur richtigen Zeit da. Ich stolpere Ingo aus Leipzig vor die Füße, den ich vor Urzeiten zusammen mit Norman gesehen habe. Offensichtlich sind wir alle ein bis zwei Tage auseinander, aber durch die große Herbergsdichte sieht man sich nur zufällig und das finde ich auch ganz angenehm so. Heute bin ich wieder über 30 Kilometer gelaufen, wollte ich doch gar nicht! Meine Blase am rechten Fuß ist auch immer noch da, nach wie vor brav geschlossen, aber doch recht lang gezogen über die Ferse. Um die zu entlasten, laufe ich mehr über den Ballen und so meldet sich jetzt eine Druckstelle am rechten großen Zeh. Die wird bis Muxía mein zuverlässiger Kilometermesser bleiben. Immer, wenn dieser Zeh anfängt sich zu melden, habe ich 25 Kilometer Tages­pensum erreicht.

Eine der vielen Kirchen auf der Etappe Villamayor del Río → Agés

Eine der vielen Kirchen auf der Etappe Villamayor del Río → Agés

Hier der Start- und der Endpunkt der Etappe am 1. September von Villamayor del Río nach Agés

Joomla templates by a4joomla