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Den Wecker im Handy habe ich auf 6:40 Uhr gestellt, denn die Frühmesse um 7:00 Uhr möchte ich mir nicht entgehen lassen. Um 7:30 Uhr dann ist gemeinsames Frühstück angesagt. Übernachtung und Essen haben keine Preise, alles läuft, wie ja auch in einigen spanischen Herbergen, auf Spendenbasis. Meine Spende drückt deutlich meine Zufriedenheit über die freundliche Aufnahme aus und wird mit dem wohlwollenden Kommentar „Die Hälfte hätte auch gereicht!" belegt. „Für mich ist es richtig so", ist meine Antwort darauf. Zu guter Letzt noch der Stempel in den Pilgerpass und dann zurück zum Weg, denn das Kloster liegt zwei Kilometer querab vom Jakobsweg. Am Vormittag verlaufe ich mich nur einmal, werde aber von einer Bäuerin zurück auf den richtigen Weg geschickt. In Minden mache ich eine ausgiebige Pause in einem Gasthaus. Die Wirtin hier legt mir einen ganzen Haufen von Sehenswürdigkeiten in Echternach ans Herz. Das Christentum ist aus Irland in die Gegend gekommen und von Echternach aus ist die Eifel christianisiert worden, erklärt sie mir. „Was wäre wir ohne Echternach!", schließt sie ihre Begeisterungsrede für Echternach. Für mich sind es bis dahin noch vier Kilometer, fast immer auf einem schönen schmalen Pfad durch Wald und Feld. In Echternach angekommen, ist mir vor der Kultur erst einmal nach einem Eisbecher zumute. Dann zücke ich den Führer und erforsche, was dieser für kulturell unerlässlich hält. Im Endeffekt lasse ich mich einfach, wie sonst auch üblich, durch die Stadt treiben. Nach kurzer Zeit weiß ich, wo die Museen sind und lande in der Basilika. Eine Kerze zünde ich an und setze mich in eine Bank, komme zur Ruhe. Wieder kommt der Gedanke hoch, den mir Marianne eingepflanzt hat: „Was mögen die Menschen, die diese Kirche gebaut haben und seitdem darin gebetet haben, sich gedacht haben?"


Die Hinweisschilder auf den Jakobsweg im Stadtinneren verwirren mich nur. Meine Erinnerung vom letzten September, als ich den Weg andersherum gegangen bin, sind noch wach und erlauben mir, mich auch ohne Wegweiser zu orientieren. Selbst beim Gang hinaus aus der Stadt verlaufe ich mich nicht. Es ist ja auch einfach: immer an der Sauer entlang. Noch vier Kilometer weit bin ich in Luxemburg, dann geht es über eine überdachte Fußgängerbrücke zurück nach Deutschland. Noch drei Kilometer am anderen Sauerufer entlang und ich bin in Bollendorf. Zielstrebig steure ich das Hotel an, dass mir im letzten September so gut gefallen hat. Auch heute werde ich nicht enttäuscht, ein schönes Zimmer ist frei. Das Glück ist perfekt, als ich frisch geduscht im Pfarrbüro noch einen Stempel für den Pilgerpass erhalte.


Heute bin ich zwischen Echternach und Bollendorf kurz nacheinander zwei Pilgern begegnet. Außer einem kurzen „Hallo" und dem Heben der Hand zum Gruß kein Wort. Irgendwie wirkten beide eilig oder hatte meine Körpersprache „Bitte keinen Small Talk" signalisiert? Heute ist tagsüber die „Liste" meiner Freunde von früheren Pilgerwegen an mir vorbeigezogen. Michelle steht immer noch für das Lächeln jeder Blume am Wegesrand. Meine Stöcke „Manni" und „Lijgien" sind bis heute sicher am Rucksack verstaut. Sie werden morgen zum Einsatz kommen. Was war am Camino Francés so besonders, dass die Begegnungen zu nun schon über zwei Jahre andauernden Kontakten geworden sind? Ich bin dankbar, in persönlichen Treffen, wie neulich in Münster mit Silke, Britta und Gisa, den Kontakt aufrechterhalten zu können und auch, dank der Mails von Florida, Finnland, Dänemark, Holland, Österreich, Israel und, klar, auch von Deutschland, etwas teilhaben zu dürfen am Alltagsleben meiner Pilgerfreunde. Die Gedanken verbinden und so bleibe ich niemals allein. Und ich kann mich glücklich schätzen, neben meinen Pilgerfreunden noch viele weitere Freunde in Nah und Fern zu haben.
Beim Abendessen schlemme ich so richtig. Der allabendliche Anruf bei Katharina fällt auch zu unserer gegenseitigen Zufriedenheit aus. Mir geht es einfach nur gut.

 

Blick über die Sauer auf der Etappe Welschbillig → Bollendorf

Blick über die Sauer auf der Etappe Welschbillig → Bollendorf

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