Heute Morgen werde ich von christlichen Liedern geweckt. Die Nacht war erstaunlich ruhig für die große Anzahl von Kindern. Das Frühstück ist perfekt. Als ich aus Neuerburg fast hinaus bin, merke ich, dass ich den Zimmerschlüssel mitgenommen habe. Also mache ich eine 180-Grad-Wendung, laufe den guten Kilometer zurück und erklimme den Berg vor der Jugendburg. Ich bekomme Dank für den Schlüssel, verbunden mit der Doppelfrage, warum ich den Schlüssel nicht im Hotel „Neuerburg" abgegeben hätte, sie hätte ihn dort abgeholt, und warum ich nicht wenigstens meinen Rucksack dort deponiert hätte. Ich kann mir gar nicht vorstellen, mich von meinem Rucksack zu trennen und ohne ihn zu laufen. Wieder unten im Ort belohne ich mich mit einem großen Kaffee. Dann mache ich mich ein zweites Mal auf den Weg. Die Sonne meint es gut. Der Weg ist leicht zu finden. Es geht teils recht steil bergauf und bergab, meist über Asphalt, was die Füße schnell ermüden lässt. In Ammeldingen in der Kirche finde ich Ruhe. Weiter geht es bergan, bergab. Kurz nach Windhausen lädt eine schöne Eichenbank zum Verweilen ein. Im Picknickbeutel finden sich eine Wurst und zwei Äpfel. Ich genieße mein Picknick im sanften Wind. Ich fühle mich einfach nur gut. Am nächsten Bauernhof spreche ich mit dem Bauern über die Milchpreise und die Milcherzeugung. Dann, an der nächsten Gabelung, darf ich entscheiden, welchen Weg ich wählen soll. Als ich nicht in Krautscheid, sondern an einer Landstraße ankomme, weiß ich, dass der andere Weg der richtige gewesen wäre. Für mich bedeutet das einen Umweg von vier Kilometern und die auch noch bergauf an der Landstraße entlang. In Krautscheid finde ich die Markierung wieder und erwische bis Bellscheid die Route für Radfahrer. Dort treffe ich einen Anwohner auf der Straße, der mir den richtigen Fußweg nach Waxweiler zeigt. Ich steige im gleichen Hotel wie im September ab.
Meine Füße machen mir auf dieser Pilgerfahrt ganz ungewohnt Ärger mit Blasen. Ich kann mir das nur damit erklären, dass ich andere, dünnere Socken trage. Ich werde morgen in Prüm mal schauen, ob ich dickere kaufen kann.
In Gedanken gehe ich meinen Rucksack durch nach Dingen, die ich bisher nicht benutzt habe: Von den sieben Wäscheklammern bisher nur drei, das „Peace"- Buch von Michelle hatte noch keinen Einsatz, die Minitaschenlampe lag zwar in Merzkirchen auf dem Nachttisch, der Mond war aber hell genug, die Stöcke warten noch auf die Waldwege der Eifel, die Regenhose darf ruhig weiter ungenutzt herumgetragen werden.
Ich komme mit drei netten Pilgerinnen ins Gespräch, die langsam, mal hier und mal da, eine Woche in Richtung Santiago pilgern.