Michelle befällt die Unruhe schon kurz nach fünf Uhr am Morgen. Um sechs Uhr dann ruft Ash, ihr Mann, an. Bis sieben Uhr halte ich mich noch an der Matratze fest. Das Frühstück ist perfekt. Dann geht es die zwei Kilometer zurück in die Stadt. In einer Pharmacie haben sie leider kein großes Blasenpflaster, dafür bekomme ich aber sechs nach dem Haltbarkeitsdatum abgelaufene Schachteln Pflaster für kleine Blasen geschenkt. Mal sehen, wie diese Pflaster sich morgen auf den Blasen machen, denn leider habe ich mir drei eingefangen. Nichts gegen Michelles Füße. Mit denen möchte ich nicht laufen müssen.
Nach diversen Schlenkern durch die Stadt sind wir auf der richtigen Straße. Das Herumfragen mit unseren begrenzten Französischkenntnissen endet bei einem netten jungen Mann, der sein Auto parkt und uns auf seinem GPS den Weg vorspielt. Wir finden den alten Bahndamm und gehen ein paar Kilometer den schönen Weg entlang. Dann kommt wieder Asphalt auf Nebenstraßen. Als unser Führer einen Wasserturm haben will, sehen wir diesen zwar, finden aber den Weg dahin nicht. Genervt geben wir auf und zücken die Karte. Uns wird der Weiterweg nach Arras von netten Leuten erklärt, die etwas für ein Dorffest am Sportplatz aufbauen. Unser Glück ist perfekt, als wir im nächsten Ort ein Restaurant entdecken. Die Sprachensuppe aus Französisch und Englisch ist außerordentlich und das Essen sehr gut. Mein Entschluss, Sprachen zu lernen, ist wieder etwas fester geworden, obwohl ich es müde bin, nur in Englisch und Französisch unterwegs zu sein, und ich Deutsch nur mit mir selber sprechen kann.
Weiter geht es an einer viel befahrenen Straße entlang. Schade, dass wir den richtigen Weg nicht gefunden haben. Doch auch so kommen wir ans Ziel. Zwischendurch noch eine Pause am Straßenrand. Die beiden Äpfel aus dem Kloster sind willkommenes Picknick. Der Weg hinein nach Arras zieht sich. Das erste Hotel taucht auf und hat drei Sterne. Heute haben wir uns das verdient. Wir handeln das Zimmer noch um 40 Euro herunter. Dann genießen wir den Luxus des Zimmers. Ich setze mich an den Schreibtisch, um meine Notizen zu machen. Bei der Blasenkontrolle lacht Michelle über meine Blasen und mein Gejammere. Ich muss gestehen, ihre sehen eindrucksvoller aus, aber ich bin Blasen nicht so gewohnt wie sie. Das weiß ich noch vom Camino Francés. Bei der Gepäckkontrolle fällt wieder eine durchlaufene Karte zum Wegwerfen an. Warum ich seit zwei Tagen das Familienglas Nescafé mit mir herumschleppe, weiß ich selber nicht zu sagen. Vielleicht übernachten wir ja noch einmal in einer Gîte ohne Supermarkt in der Nähe? Wer weiß. Dann bin ich vorbereitet!
An der Rezeption beim Hotel hat man uns mit einem Blick auf unsere Kleidung gesagt, dass das Restaurant im Hotel heute schon ausgebucht ist. Wir finden heute in der Stadt bestimmt ein nettes Restaurant für das Abendessen. Und wirklich, gleich ein paar Ecken vom Hotel entfernt ist ein Tunesisches Restaurant. Mal etwas anderes und wir genießen den Abend. Heute sind wir beide sehr schweigsam. Jeder braucht mal etwas Zeit für sich.