Zur Feier des Sonntags schlafen wir heute richtig aus. Wir wollen ja nur 26 Kilometer weit gehen. Das Packen der Rucksäcke ist Routine und in wenigen Minuten erledigt. Die Füße werden liebevoll versorgt.
Den Weg aus der Stadt hinaus finden wir gut. Nach ein paar Kilometern geht es ab von der breiten Straße in die Landschaft und weiter auf kleinen Nebenstraßen durch den sommerlichen Morgen. In einem kleinen Ort sind wir pünktlich zur Messe. Und wie es sich gehört, gibt es neben der Kirche eine Bar für eine ausgiebige Pause. Als wir heute Morgen am Bahnhof entlanggekommen sind, war ich kurz versucht, direkt nach Hause zu fahren. Die letzten beiden Tage haben wir zu viel Zeit auf viel befahrenen Straßen verbracht. Doch heute, trotz Asphalt, weiß ich wieder, warum ich hier bin. Das Laufen, um nicht zu sagen das Pilgern, tut mir gut. Anstrengend ist die Konzentration auf den Weg. Um Michelles Führer optimal nutzen zu können, müsste man einen Schrittzähler haben. Ich würde nach meinem Führer und meinen Karten noch weniger Nebenwege gehen. Es ist zu überlegen, ob wir nicht doch ein GPS anschaffen, um den Weg im nächsten Jahr fortzusetzen. In der Bar treffe ich einen Franzosen, der auch schon dreimal in Santiago gewesen ist. Leider scheitert eine weitere Unterhaltung an meinen fehlenden Französischkenntnissen. Als Erinnerung kommt der Stempel der Bar in den Pilgerpass und ich entziffere, wir sind in Boisleux-au-Mont. Und schon wieder kann ich mein Gepäck leichter machen, wieder ist eine Karte durchwandert. In Bapaume sollte ich mich nach einer neuen Karte umsehen, denn meine Karten, die ich im Touristenbüro in Guînes erhalten habe, enden hier. Doch bis dahin sind es noch zwanzig Kilometer, wie mir mein französischer Pilgerfreund versichert. Mich erinnert das an den Pilger aus Südafrika, den ich am Monte do Gozo auf meinem Camino Francés getroffen habe. Er hatte auch immer vier verschiedene Entfernungsangaben zum nächsten Ziel. Bei dem guten Wetter, das wir heute haben, sehe ich kein Problem, Bapaume zu erreichen. Wann, bleibt offen. Ich habe jetzt ja auch nicht auf die Uhr geschaut.
Die Sonne meint es am Nachmittag sehr gut mit uns. Sonnencreme und Sonnenhut sind angesagt. Bapaume erreichen wir um halb vier und haben Glück, direkt am Ortseingang ist eine Bar geöffnet. Sie ist originell mit Vitrinen voll mit allen möglichen Spitzhauben, Tropenhelmen und sonstigen kriegerischen Altertümchen ausgestattet. Gestern war hier eine Hochzeit und der Wirt singt fröhlich beim Putzen. In der Ortsmitte finden wir schnell ein Hotel und duschen uns den Schweiß des Tages vom Körper. Heute hat es geklappt, dem Führer von Michelle zu folgen, auch wenn der einen anderen Weg vorschlägt, als in meiner Karte markiert ist.
Das Abendessen gibt es 200 Meter weiter in einem schönen Restaurant, denn das Restaurant im Hotel hat Ruhetag. Die Sprachensuppe aus Französisch und Englisch ist wieder perfekt, genauso wie das Essen. Wir haben unser Vergnügen beim Beobachten der anderen Gäste.