Den Wecker haben wir wegen der großen Hitze auf 6:00 Uhr gestellt. Um halb sieben sind wir abmarschbereit. Die Füße haben die ihnen gebührende Aufmerksamkeit bekommen. Dann geht die Suche nach dem Weg hinaus aus der Stadt los. Glücklicherweise liegen eine Boulangerie und ein Café am Weg. So gestärkt und mit Proviant versorgt, liest sich der Stadtplan einfacher. In der Bar überprüft Michelle ihren Plan für die Pilgerfahrt. Wir sind genau an dem von ihr geplanten Ort, haben aber die Schleife über Wissant gemacht. In Guînes waren wir zwei Tage hinter ihrem Plan. So ist das mit Plänen. Bis Rom sind es noch 1827 Kilometer, 256 sind wir bisher gegangen.
Heute schenkt der Himmel uns erst ein paar Regentropfen. Am Vormittag verlaufen wir uns zweimal gründlich um je drei bis fünf Kilometer. Doch das tut unserer guten Laune keinen Abbruch. Wir sind ja hier, um zu laufen, und bis Rom schaffen wir es in diesem Jahr sowieso nicht. Gegen 10:00 Uhr wird es wieder schwülwarm und so bleibt es auch den Nachmittag über. Wir machen lange Pausen mitten in Wald und Feld. Eine Weile auf einer grünen Wiese im Schatten zu liegen und den Vögeln zu lauschen ist einfach nur schön. Darüber, dass eine Bar geschlossen hat, brauchen wir uns heute nicht zu ärgern. Es taucht in den Orten, die wir durchpilgern, keine einzige Bar auf. Lauwarmes Wasser kann richtig gut schmecken. Wir kommen in Trefcon an, dem Ort, wo wir übernachten wollen. Das einzige Quartier im Ort genügt in puncto Sauberkeit nicht unseren Ansprüchen und ein Restaurant gibt es hier auch nicht. Wir füllen unser Wasser auf und entschließen uns, die 15 Kilometer weiter bis St. Quentin zu gehen. Ausgiebige Pausen am Wegesrand machen die Hitze erträglicher. Die erste Bar des Tages taucht in Étreillers Punkt fünf Uhr auf. Noch zehn Kilometer sollen es sein, erfahren wir. Das sind noch zweieinhalb Stunden. Heute wird es also ein langer Tag werden. Doch die eine Stunde Pause jetzt eben hat gut getan. In St. Quentin landen wir wieder einmal in einem Industriegebiet. Michelle verzichtet wieder auf ein Abendessen und ich mache mich zu einem Schnellimbissrestaurant auf, denn sonst gibt es hier nichts. Mit allen Umwegen sind wir heute wieder über vierzig Kilometer gelaufen. Der Tag morgen ist dann mit 25 Kilometern nur ein – für uns – kurzer Pilgertag. Vielleicht bleibt da etwas Zeit, sich die Stadt anzusehen.