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Sehr früh wird schon geraschelt und gepackt. Einige Pilger wollen heute bis Caldas de Reis, das sind 41 Kilometer, und da ist ein früher Aufbruch Pflicht. Ich warte noch bis 7:30 Uhr, dann ziehe ich meinen Rucksack vor die Tür und packe dort in Ruhe meine Sachen. So mache ich für die Pilger, die noch schlafen wollen, am wenigsten Lärm. Obwohl ich alles für ein Frühstück dabei ha­be, ziehe ich ohne los. Ein paar Schritte zurück auf dem Weg habe ich eine Bä­ckerei mit Café in Erinnerung. Ein paar Menschen um mich zu haben ist mir heute Morgen wichtig. Die Er­innerung ist richtig, der Café con leche und das fri­sche Croissant sind herr­lich. Ich mache noch einen Schlenker durch die Stadt, um das nach Plänen von Herrn Eiffel erbaute Eisenbahnviadukt zu fotografie­ren. Dabei treffe ich ein deut­sches Ehepaar, das nicht nach den Pfeilen, sondern nach sei­nem GPS geht. Tagsüber treffe ich vie­le Pilger. Immer ein kurzes Gespräch, bald geht jeder wieder seinen Weg in seinem Tempo. Dann taucht eine Jugendgruppe auf, alle mit knallgelber Weste. An ei­nem Rastplatz steht ihr Begleitfahrzeug. Sie kommen aus Vila Verde, der Part­nerstadt meines Wohnortes Lohmar. Mit ei­nem Begleiter komme ich ins Ge­spräch. Die Schule macht diese Art von Pilger­tour seit vier Jahren immer zu Ostern. Er hatte auch schon Gäste aus Lohmar bei sich zu Hause zu Be­such.

Bei der nächsten Rast treffe ich Wolfgang. Zusammen gehen wir wei­ter. Der Stopp bei meiner Lieblingskapelle, der Kapel­le Santa Marta, fällt kurz aus. Es sind zu viele Pilger da und dummerweise lasse ich mich davon beeindrucken und warte nicht ein Weilchen, bis alle weitergegangen sind. Wann kommt das passende Thema in meinem Peace-Buch?

Als wir die Herberge errei­chen, sehen wir, dass diese erst um 16:00 Uhr öffnet. Martina, eine Pilgerfreundin von meinem Camino Francés, hat mir erzählt, dass die Bar gegenüber schrecklich sein soll. Außerdem liegt sie weit vor der Stadt. Wolfgang telefo­niert am nahe gelegenen Bahnhof nach ei­nem Hotel und ich parke mich in einem Café. Bald kommt Wolfgang nach. Er hat ein Hotel gefunden und auch ein Einzelzimmer für mich reserviert. Dort angekom­men, mache ich „große Wäsche“, das ist fällig!

Zusammen mit Wolfgang gönne ich mir ein „Menu del Dia“ mit leckeren Tapas. Lena und Evi erscheinen we­nig später frisch geduscht. Gemeinsam machen wir einen ausgiebigen Stadt­rundgang. Es ist schön, die Stadt auch mal im Frühling zu sehen und von Evi aus dem Führer vorgelesen zu be­kommen. Allein unterwegs habe ich in den letzten Jahren doch vieles über­sehen.

Vom Turm der Basi­lika genießen wir einen wunder­baren Ausblick auf die Stadt. Wir können uns am Blick über die Stadt nicht sattsehen. Das laute, direkte Glockengeläut zur vollen Stunde vertreibt uns. Ein Café lädt zu einem Café con leche ein. Dann trennen wir uns. Jeder braucht auch einmal Zeit für sich.

Ich mache mich auf die Suche nach einer Post, denn ich habe einen Schwung Postkarten an die Heimat in der Tasche. Das wird zu einem Erlebnis besonderer Art. Als ich die Post endlich finde, muss ich eine Nummer ziehen und ziemlich lange warten. Man ist auf Freistempeln eingestellt und richtige Briefmarken müssen erst ge­sucht werden. Freistempeln geht nicht, denn ich habe die Karten zwar geschrieben, nicht jedoch die Adressen. Die sind noch in meinem Handy versteckt. Echte Marken sind auch viel schöner!

Wir treffen uns zum Abendessen auf der Plaza vor dem Hotel. Dann machen wir einen zweiten Stadtrundgang, setzen uns hier und da hin, teilen unsere Ta­pas. Es ist eine schöne Sitte in Spanien, dass man zum Vino oder Cerveza immer eine Kleinigkeit dazu gereicht bekommt. Heute bestellen wir statt eines Menues zusätzlich noch ein paar dieser Köstlichkeiten, denn alle haben wir schon zu Mittag recht gut gegessen. Es wird nach Mitternacht, die Gespräche sind ganz intensiv und persön­lich. Evi packt heute vieles aus ihrem Leben aus. Spannend ist der Bericht über ihr Jahr in Südamerika. Sie war alleine mit dem Rücksack unterwegs und hat fast alle Statten besucht. Daher auch ihr perfektes Spanisch. Alle Erinnerungen auf Fotos sind verloren gegangen, da ihr kurz vor Ende ihrer Reise die Kamera geklaut wurde. Das Thema Palliativmedizin streift sie heute Abend nur kurz als das Gespräch auf dem Thema „Entschleunigung“ und der damit verbundenen Einschränkung des Lebensstandards landet. Dafür gönnt uns Eva aber noch einen Einblick in ihre Kindheit und ihr Verhältnis zu ihren Eltern und ihrem Bruder. Wolfgang und ich haben heute Abend die schwierige Rolle des Zuhörers und verschonen Evi mit Ratschlägen, streuen aber hier und da eine Episode aus unserem Erfahrungsschatz bei. Lena ist schon lange zu Bett gegangen.

Sonnenaufgang auf der Etappe Redondela → Pontevedra

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