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Dass ich wieder pilgere, war klar, doch wann und wo, das war dieses Jahr eine schwere Entscheidung. Zunächst musste ein Platz gefunden werden, an dem meine Mutter sich wohlfühlt und sie gut aufgehoben ist, während ich weg bin. Das be­stimmte meinen Zeitplan. Die Ziele für den Weg selber reichten vom Jesus Trail in Israel über den Weg von Osnabrück über Münster und Köln nach Hause. Auch die mir noch fehlenden Etappen ab Haustür bis Santiago durch Frankreich stan­den hoch im Kurs, vor allem, weil mein Pilgerfreund Manni ein paar Etappen ab Schengen mitlaufen wollte. Gewonnen hat wieder der Weg ab Porto. Doch dies­mal möch­te ich am ersten Tag die Küsten­variante versuchen. Es gibt derzeit noch wenig Material über diese Variante. Doch ich weiß, dass am Ausbau des Küstenweges gearbeitet wird. Von meiner Pilger­freundin aus dem Internet, Birgit, habe ich eine Karte und eine portugiesische Wegbeschreibung bekommen. Ich treffe sie in Porto, wo ich die­ses Mal einen Tag verweilen möchte. Mein Pilgerfreund Sebastian von meinem ersten Caminho Português im Heiligen Jahr 2010 hat mir neulich in ei­nem Telefonat sehr schön deutlich ge­macht, dass der Weg nicht markiert ist. „Markierungen gibt es wenig. Du gehst immer am Stand entlang und wenn du im Wasser stehst, bis du zu weit links.“ Diese Wegbeschreibung ist einfach zu merken.

Ich werde zu Ostern in Santiago sein. Es könnte voll werden und so habe ich vorsichtshalber für die letzte Nacht schon mal ein Bett in Santiago de Compostela gebucht. Vielleicht ist noch Zeit für den Weg nach Fisterra und Muxía, vielleicht zu Fuß, vielleicht per Bus. Ich werde mich nicht hetzen, sondern es einfach geschehen lassen.

Ich hatte mir auf meinen letzten Pilgerfahrten vorgenommen, etwas an meiner Sprach­unterbelichtung zu arbeiten. Und so höre ich mir fast jeden Tag eine CD „Portugiesisch für den Urlaub“ an. Ob ich wissen muss, wie ich einen Diafilm auf Portugiesisch kaufe, bezweifle ich. Der frisch von der Langenscheidtseite herunter­geladene Kurs scheint etwas betagt zu sein. Es fällt mir schwer, mir die Phrasen zu merken. Doch ich gebe nicht auf. Die paar Euro für den Kauf haben sich gelohnt.

Dienstag, den 20. März: Alles bereit

Am Freitag geht es los, heute habe ich schon mal die Pilgerschuhe geputzt. An­sonsten hebe ich mir weitere Vorbereitungen bis Donnerstag auf. Meine Pilger­freundin Michelle aus Florida hatte in ihrer Mail nur den trockenen Kommentar: „Wir nehmen ja sowieso jedes Jahr das Gleiche mit. Also wirst du es schaffen, dei­nen Rucksack zu packen.“ Und meine Sanges­schwester Doris sagte: „Solange du deinen Ausweis und deine Kreditkarte hast, kann nichts schief gehen.“ Mei­ne Freundinnen kennen mich gut!

Mit Michelle habe ich mich heute übrigens darüber ausgetauscht, was wir uns erlaufen wollen, wenn wir es gemeinsam auf der Via Francigena bis Rom geschafft haben. Die Via sind wir zusammen schon von Canterbury bis Lausanne gegangen sind. Beide haben wir hochtrabende Pläne, besser gesagt Träume. Bei ihr sind es die 2.600 Meilen des Appalachian Trails von Georgia nach Maine. Bei mir ist es der Camino ab Haus­tür und zu­rück. Das sind 2.400 Kilometer in eine Rich­tung. Sowohl ihres als auch mein Vorha­ben bedeutet einen Weg von einen halben Jahr, ihrer teilweise durch Wildnis und Berge, meiner durch Gebiete, wo man eine Kreditkarte akzeptiert. Man darf auch Träume haben, die wahrscheinlich nie Wirklichkeit werden.

Doch zurück zum Jetzt. Irgendwann ist mein Pilgerpass eingetroffen, ich habe viele Landkarten von Birgit per Mail zuge­schickt bekommen, die mir mein Freund Erhard in Farbe ausgedruckt hat, denn ich habe nur einen einfachen Laserdrucker. Gut verteilt über meine Wohnung habe ich meine Pilgerausrüstung, die ich am Donnerstag in Ruhe zusam­mensammeln werde. Ich genieße es, die Dinge alle in Ruhe ge­schehen lassen zu können.

Diesmal wird mein neuer Ruck­sack zum Einsatz kommen, den mir meine Freunde zum 60. Geburtstag geschenkt haben, und auch ein neues Hemd. Ansonsten hat Michelle recht: alles so wie immer. Doch zur Sicherheit packe ich mit meiner bewährten Packliste.

Ich habe in den letzten Tagen darüber nachgedacht, ob ich einen Fotoapparat mitnehmen soll. Gestern ist der Entschluss gefallen: Ja, die 450 Gramm für meine G9 trage ich gerne mit mir, denn die Erinnerungsfotos tun mir an den langen, dunklen Wintertagen gut. Tagebuch werde ich auch wieder führen, denn es tut mir auch gut, in den alten, abgetippten Tagebucheinträgen zu stö­bern.

Die neue Pilgerfahrt ab Freitag wird mir neue Erfahrungen und Gedanken schen­ken. Sie wird mir helfen, meine Wurzeln zu verstehen, aber sie wird hoffentlich vornehmlich im Jetzt sein. Das Buch „Peace Is Every Step“ von Thích Nhất Hạnh habe ich wieder im Rucksack. Man kann es nicht oft genug lesen.
Ich freue mich auf meinen Weg.

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